Die Welt bin ich

Inmitten der Gebirgswelt.
Hoch ragten die majestätischen Schweizer Bergriesen empor. Der Wind strich langsam und im verspielten Rhythmus über mein Haar. Ein steiler Felssteig führte auf ein kleines Aussichtsplateau hinauf, von wo aus die Bergriesen noch viel gewaltiger und beeindruckender erschienen. Ich atmete tief ein und fühlte mich für einen Moment vollkommen eins mit der mich umgebenden Gebirgswelt. Mich auf einen schmalen Felsvorsprung setzend, versuchte ich für ein paar Augenblicke in dieser gefühlvollen Stimmung zu verharren.

Unter dem weiten Horizont.
Die Wolken trieben weit über mir gedankenverloren vor sich hin und in der Ferne murmelte das angenehme Plätschern eines winzigen Gebirgsbächleins. Im Gras erblickte ich ein paar dunkelgrüne Heuschrecken, die sich nur durch ihre schnellen Bewegungen von der Regungslosigkeit ihrer Umgebung unterschieden. Für einen Augenblick konnte ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen, diesen Ort noch einmal zu verlassen. Was könnte es woanders auch geben, was nicht bereits hier im Übermaß vorhanden war? Stille, Schönheit, das Leben in seiner reinsten Ursprünglichkeit.

Wie vollständig ist meine Weltannahme?
Aber vielleicht, dachte ich bei mir, vielleicht ist es ja nur meine noch unvollständige Annahme der Welt, die meinen Geist daran hindert, sich immer und überall wohl zu fühlen. Mein noch nicht vollkommen gefestigtes Einssein, um einen vom spirituellen Lehrer Sri Chinmoy geprägten Begriff zu verwenden, mit allem Existierenden. Und vielleicht gibt es ja nicht einmal Schönheit an sich, sondern alles ist nur eine Spiegelung meines tiefsten Inneren. Fast schon erschrocken über diese plötzlichen philosophischen Gedanken erhob ich mich von meinem luftigen Sitzplatz und marschierte nachdenklich den schmalen Felssteig wieder ins Tal hinab.

Ist Schönheit objektiv oder subjektiv?
Ich blickte auf einen dieser mächtigen, schneebedeckten Drei-oder Viertausender und irgendwie kam mir dabei die berühmte spirituelle Größe Swami Vivekananda in den Sinn. Denn als dieser sich einmal auf einer Schiffsreise durch die Straße von Medina befand, erblickte er im Hintergrund den Ätna, welcher sich in leichter Eruption befand. Darüber nachdenkend, ob Schönheit etwas Äußeres ist oder nur von der inneren Schönheit des Betrachters abhängt, sprach er leise und bedächtig folgende legendären Worte:

"Medina muss mir dankbar sein, denn ich bin es, die ihr all diese Schönheit verleiht."

(Siehe auch Web-Log zur Selbst-Transzendenz von Mahamani)