Laufen
In die Stille laufen
Submitted by Mahamani on 31. May 2008 - 18:40Bis hierher und weiter.
Laufen und Meditation, könnte es eine schönere Verbindung geben? Schon in meiner Kindheit war ich vom Laufvirus infiziert worden, wenn mein Vater mich hin und wieder auf seine ausgedehnten Joggingrunden im Wald mitnahm. Und seitdem hat mich der Laufsport nicht mehr losgelassen. Mit 15 oder 16 Jahren drehte ich dann bereits meine eigenen Trainingskreise, bevor ich mich einem kleinen Lauftreff anschloss. Da war es nur folgerichtig, dass es bei mir auch das Laufen war, wodurch ich zur Meditation kam.
Laufen und Meditation.
Anfänglich dachte ich, der spirituelle Lehrer Sri Chinmoy sei einfach nur ein Sportler, welcher auch meditiere. Und viel hätte ich damals mit dem Begriff des Meditationsmeisters sowieso nicht anfangen können. Ja, aber das Laufen sprach mich an und dies war sicher auch der hauptsächliche Grund, weshalb ich mich für Sri Chinmoys Integralen Yoga spontan interessierte. Denn genau dies war und ist das Schöne an dessen innerem Pfad. Er ist allumfassend und bezieht den ganzen Menschen mit ein. Bei mir war der Schwerpunkt das Laufen, bei anderen die Kunst, Musik oder Poesie.
Laufen als Symbol für Leben und Tod.
Am 11.Oktober 2007 hat Sri Chinmoy diese Erde verlassen. Auch das Laufen symbolisiert Leben und Tod, denn jeder Schritt bedeutet Veränderung und ist somit gut vergleichbar mit einem kleinen Sterben, aber auch mit Fortschritt und Neubeginn. Ähnlich hat es der Meditationsmeister in einem Gedicht geschrieben, dem letzten, welches zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde. Hier schreibt er:
"Mein physischer Tod ist nicht das Ende meines Lebens. Ich verkörpere eine ewige Reise."
(Siehe auch Web-Log zur Selbst-Transzendenz von Mahamani)
Was einige unter den Läufern überrascht, ist die Tatsache, dass niemand versucht, sie als Ihre Meditationsschüler zu gewinnen.
John Hanc: Eine letzte Frage noch – bei meinen Gesprächen mit Läufern, die an Ihrem „Erntedank-Halbmarathon“ teilgenommen haben, stellte sich heraus, dass viele von ihnen schon seit langem zu Ihren Laufveranstaltungen kommen und sie hier sehr gerne laufen, obwohl sie nicht Ihre spirituellen Schüler sind. Obwohl einige Sie noch nie gesehen haben, loben sie die gute Organisation und die Freundlichkeit der Leute. Was einige unter ihnen überrascht, ist die Tatsache, dass niemand versucht, sie als Ihre Schüler zu gewinnen. weiterlesen …
Glauben Sie, dass es bezüglich dessen, was ein Mensch laufen kann, überhaupt eine Grenze gibt?
Sri Chinmoy: Nein, es gibt keine Grenze bezüglich dieser Distanz, weil die menschliche Fähigkeit nicht begrenzt ist. Das menschliche Leistungsvermögen hängt ab von unserem inneren Hunger – wie aufrichtig wir etwas brauchen oder nach etwas schreien. Wenn jemand in der materiellen Welt sehr besitzgierig ist und Multi-Millionär werden möchte, wird er hart arbeiten und sich schließlich seinen Wunsch erfüllen. Aber materieller Besitz wird uns niemals glücklich machen können. Freude finden wir nur, wenn wir als Instrumente Gottes Ihm dienen und Seinen Willen ausführen. weiterlesen …
Können Sie als langjähriger Athlet und Beobachter des Laufsports sagen, in welche Richtung sich der Sport entwickelt?
Es freut mich sehr, dass man keine Mühen scheut, um sicherzustellen, dass die Sportler nicht zu Dopingmitteln greifen. Das ist eine großartige, großartige Errungenschaft. Es ist nicht nur in physischer und mentaler Hinsicht eine Errungenschaft; es ist nicht nur ein Erfolg für die Welt des Sports. Es stellt auch für das spirituelle Leben einen bedeutenden Fortschritt dar. Wer Drogen nimmt, richtet sein Nervensystem und damit seine Gesundheit zugrunde. Gott hat uns erschaffen, aus welchem Grund richten wir uns selbst zugrunde? weiterlesen …
Freut es Sie, zu sehen, dass die Anzahl derer, die an Ihren Läufen teilnehmen, ständig zunimmt?
Sri Chinmoy: Es freut mich nicht nur, wenn sie an unseren Läufen, sondern auch wenn sie an irgendwelchen anderen Läufen teilnehmen. Wenn Menschen laufen – gleich, wo auf der Welt – wird ihnen das helfen. Unsere Lethargie ist einer unserer absolut schlimmsten Feinde. Früh am Morgen wollen wir nicht aufstehen. Tagsüber haben wir dann keine Energie; wir haben keinerlei Antrieb, irgendetwas zu tun. Wenn wir uns jedoch am Morgen dank sportlicher Aktivitäten mit Energie aufladen, können wir während des Rests des Tages viele Dinge vollbringen. weiterlesen …
Wie lässt sich das Laufen mit Ihrer Lehre in Einklang bringen?
Sri Chinmoy: Laufen lässt sich mit unserer Philosophie sehr gut in Einklang bringen. Gebet und Meditation erinnern uns stets an das innere Laufen. Der einzige Unterschied zwischen innerem und äußerem Laufen besteht darin, dass das innere Laufen kein festgelegtes, bestimmtes Ziel hat. Was das äußere Laufen betrifft, so ist das Rennen vorbei, sobald ich beispielsweise 100 Meter zurückgelegt habe. Ich mag nicht gewinnen, aber ich habe das Ziel erreicht. Was jedoch das innere Laufen angeht, so sind wir Läufer der Ewigkeit. Weil wir beten und meditieren, wissen wir, dass wir drei Freunde haben: Ewigkeit, Unendlichkeit und Unsterblichkeit. Weil wir der Ewigkeit, der Unendlichkeit und der Unsterblichkeit angehören, ist unsere Reise geburt- und todlos; sie ist ohne Anfang und ohne Ende. Wir haben unsere Reise bereits begonnen, wir werden sie jedoch niemals beenden. Unterwegs mögen wir vorübergehend bestimmte Ziele haben. Sobald wir diese aber erreichen, sind sie Ausgangspunkt für neue und höhere Ziele.
Bevor wir in das spirituelle Leben eintreten, wollen wir die Welt besitzen. Unser Ziel ist vielleicht, außerordentlich reich zu werden und andere zu beherrschen wie Napoleon oder Julius Cäsar. Allmählich erkennen wir dann, dass uns ein solches Leben nicht zufrieden stellt. Wir versuchen, unsere Besitzgier zu mäßigen und unsere Wünsche zu verringern. Zugleich sind wir bemüht, unsere positiven Eigenschaften zu verstärken.
Nehmen wir zum Beispiel die Liebe. Als Kind lieben wir all diejenigen, die uns nahe stehen – die unmittelbaren Familienangehörigen. Nach einer gewissen Zeit werden wir uns dann mit unserem Geburtsort identifizieren. Dann beginnen wir, den Bezirk, die Region und schließlich unser Land zu lieben. Aber damit nicht genug. An den Vereinten Nationen sind alle Länder bemüht, eins zu werden. Lasst uns daher versuchen, Weltbürger zu werden und die gesamte Welt zu lieben. Lasst uns einstimmen mit Sokrates, der sagte: „Ich bin kein Athener. Ich bin ein globaler Mensch.“ Sie sehen also, welch großen Fortschritt wir in positiver Hinsicht machen können. Unsere Philosophie ist folgende: alles Negative - Angst, Zweifel, Furcht, Sorge, Argwohn und so weiter – wollen wir verringern und alles Positive werden wir intensivieren. Auf der positiven Seite werden wir versuchen, ein wenig Liebe zu verspüren und diese auszudehnen, bis sie zur universellen Liebe wird. Wir können endlos viel Liebe in uns tragen; wir können sie immer weiter ausdehnen, bis sie nicht nur die Schöpfung Gottes, sondern auch Gott, den Schöpfer, der unendlich ist, einschließt. Wenn wir in der inneren Welt laufen, laufen, wir unaufhörlich die Straße der Ewigkeit entlang.
Der innere und der äußere Läufer sind wie zwei Brüder. Der ältere, stärkere Bruder kann eine sehr lange Strecke zurücklegen. Der jüngere hingegen wird nach einer gewissen Wegstrecke müde, weil wir in physischer Hinsicht begrenzt sind. Nicht nur der Körper, sondern auch der Verstand und das Vitale sind begrenzt. Der äußere Bruder legt daher eine Rast ein und macht sich dann wieder auf – und folgt seinem Bruder, der unentwegt vorwärts geht.
Aber auch auf der äußeren Ebene wächst unsere Fähigkeit ständig. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die 1.300 Meilen unser längster Lauf. 1.300 Meilen in 18 Tagen zu laufen ist nahezu jenseits unserer Vorstellungskraft. Wir haben das Gefühl, dass wir damit an die Grenze unserer Fähigkeiten gestoßen sind. Zuvor aber fühlten wir, dass 1.000 Meilen die Grenze seien. Wer hätte vor fünf Jahren einen 1.300-Meilen-Lauf für möglich gehalten? Zum damaligen Zeitpunkt hätte man mich für verrückt erklärt, wenn ich das angeregt hätte. Jetzt aber sehen sie, dass diese verrückte Person Recht hatte, weil es Leute gibt, die diese Distanz laufen. Es muss nur jemand den Anfang machen. Wir müssen unablässig vorwärts gehen, denn Leben bedeutet Fortschritt.
Der innere Läufer versucht stets, den äußeren Läufer zu inspirieren. Erst sagt der innere Läufer, „Los, los, vorwärts, vorwärts!“ Dann sagt der äußere Läufer, „Wie kann ich vorwärts gehen, wenn du mir nicht die Strebsamkeit und den inneren Schrei gibst?“ Dann gibt der innere Läufer dem äußeren Läufer den inneren Schrei, etwas Gutes zu tun und zu etwas Gutem zu werden. Auf diese Weise schenkt der innere Läufer dem äußeren Läufer Inspiration und Strebsamkeit.
Wie kann man durch Sport glücklicher und gesünder werden?
Sri Chinmoy: Sport hilft Krankheiten und körperlichen Beschwerden zu begegnen. Eine Krankheit kommt in den Körper wie ein ungebetener Gast, doch bevor wir dies erkennen, ist sie bereits zu unserem Feind geworden. Sport macht uns widerstandsfähiger und hilft uns eine Krankheit früher zu erkennen und sie daran zu hindern, in uns einzudringen.
Kann uns das Laufen von Frustration und Ärger befreien?
Sri Chinmoy: Laufen ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, von Frustration und Ärger frei zu werden. Wenn du wirklich auf jemanden wütend bist, geh laufen! Nach einer Meile wirst du sehen, dass dein Ärger verschwindet, entweder weil du ganz erschöpft bist oder weil die Zufriedenheit, die du durch die körperliche Betätigung erhältst, deinen Ärger ersetzt hat.
Viele Leute fühlen, dass das Laufen ihr Wohlbefinden stark verbessert. Woran liegt das?
Sri Chinmoy: Jedermann möchte glücklich sein, und viele Leute machen die Entdeckung, dass Laufen ein sehr effektiver Weg ist, um das persönliche Wohlbefinden zu fördern. Das ist so, weil sich durch das Laufen nicht nur köperliche Fitness entwickelt, sondern auch Ausgeglichenheit in der Gefühlswelt, im Verstand und im Herzen.