Mitgefühl und Mitleid
Geben und geben lassen
Submitted by Mahamani on 24. March 2008 - 10:22Ist Mitgefühl tatsächlich möglich?
Oft habe ich mir schon die Frage gestellt, ob Mitgefühl wirklich möglich ist. Und wenn ja, wie ich es am besten zum Ausdruck bringen könnte. Gerade vor wenigen Tagen bin ich in diesem Zusammenhang einigen Obdachlosen begegnet, die mich "um 20 Cents oder so" gebeten haben. Fühlte ich beim Geben irgendein stolzes Gefühl in mir? Und was würden die Obdachlosen denn mit meinem Geld anstellen? Sich Zigaretten oder Alkohol dafür kaufen? Dafür wollte ich eigentlich nicht verantwortlich sein.
Die rechte und die linke Hand.
Die meisten kennen sicherlich den Bibelspruch, dass "wenn du aber gibst, deine rechte Hand nicht wissen soll, was deine linke Hand tut". Oder anders ausgedrückt, wirkliches Geben niemals zur Schau gestellt werden darf, um alle Eitelkeiten und Regungen des menschlichen Stolzes außen vor zu lassen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch eine Verantwortung des Gebenden gegenüber dem Empfänger. Es sollte ihm dadurch kein Schaden zufügt werden und gleichzeitig auch keine einmalige Sache sein, sondern ihn dazu anregen, sein Leben positiv umzugestalten und in seine eigenen Hände zu nehmen. Als Beispiel fällt mir hier spontan Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen - Hilfe zur Selbsthilfe" ein.
Die Gretchenfrage.
Richtiges Geben ist also gar nicht so einfach. Wie kann ich wissen, ob mein Geben nicht eine subtile Form meines Egos ist? Und, darüber hinaus, wirklich Sinn macht oder vielleicht sogar kontraproduktiv ist? Aus diesem Grund lautet für mich die Gretchenfrage, aus welcher Motivation heraus mein Geben geschieht. Und da muss ich immer wieder sehr gewissenhaft in mich hineinhorchen.
Im Idealfall geschieht es wohl durch ein Gefühl der Verbundenheit und des Einsseins. Denn in Wirklichkeit gibt es ja, schenkt man den spirituellen Schriften dieser Welt Glauben, keinen Unterschied zwischen "Dir" und "Mir", zwischen "Euch" und "Uns". Alles ist in Realität eins. Wenn ich diese innere Untrennbarkeit mit den so genannten "Anderen", und sei es auch nur für einen flüchtigen Moment, wirklich fühlen kann, dann existiert eigentlich kein "Geben" im ursprünglichen Sinne des Wortes mehr. Ich gebe immer "nur" mir selbst, wobei ich die jeweilige Entscheidung meinem eigenen höchsten Dasein überlasse, welches alleinig diese Form der Verbundenheit wirklich spüren kann. Ich lasse also sozusagen geben, wodurch irgendwelche Fehler sowie alle subtilen Spielarten meines Egos mit Sicherheit ausgeschlossen sind.
Und somit hat eine schwierig erscheinende Fragestellung im spirituellen Leben manchmal eine überraschend einfache Antwort.
(Siehe auch Web-Log zur Selbst-Transzendenz von Mahamani)
Die schützenden Arme des Vaters
Sri Chinmoy: Wo immer wir auch sind, werden wir von Gottes Mitleidsmagneten angezogen. Zu Gottes Leidwesen fürchten wir uns jedoch davor, von seinem Mitleid gefangen zu werden. Obwohl viele Menschen Gott lieben, haben sie gleichzeitig Angst vor Ihm. Sie glauben, dass Gott sie bestrafen wird, wenn sie etwas Falsches tun. Doch Gott liebt uns bedingungslos. Wenn wir spirituelle Disziplin üben, sollte es niemals aus Angst geschehen. Wo Einssein ist, kann es keine Angst geben. weiterlesen …
Gottes mitleidsvolle Vergebung
Sri Chinmoy: Wir können mitfühlender und mitleidsvoller werden, wenn wir an jemanden denken, der unendlich viel mitfühlender ist als wir selbst, und das ist Gott. Gottes Mitgefühl kann nicht beschrieben werden. Wir machen ständig etwas falsch, aber Er vergibt und vergibt. Da Gott sein Mitleid beständig auf uns herabregnen lässt, sollte es auch für uns leicht sein, Mitgefühl zu haben, wenn die Menschen um uns Fehler machen. weiterlesen …
Wohltätigkeit oder Mitgefühl
Sri Chinmoy: Die Welt glaubt, dass Wohltätigkeit die Tür zum Himmel öffnet, doch das ist falsch. Wohltätigkeit ist nicht notwendigerweise ein Zeichen für echte Anteilnahme und echte Liebe. Wenn echte Anteilnahme und echte Liebe fehlen, kann die Tür zum Himmel niemals offenstehen. Nicht Wohltätigkeit, sondern ein Gefühl des Einsseins öffnet die Tür zum Himmel. Ohne Einssein sind wir an den endlosen Tanz von Überlegenheit und Unterlegenheit gebunden. weiterlesen …
Wahres Mitleid
Sri Chinmoy: Mitgefühl und Mitleid sind ein spiritueller Magnet, der uns zu anderen Menschen hinzieht. Wenn wir Mitleid und Anteilnahme empfinden, sehen wir, dass bereits ein innerer Magnet am Werk ist. Mitleid basiert auf unserem mitfühlenden Einssein. Wenn mein Knie schmerzt, lege ich meine Hand darauf und empfinde Mitgefühl für mein Knie. Warum? Weil mir bewusst ist, das mein Knie ein integraler Bestandteil meiner eigenen Existenz ist. In ähnlicher Weise entwickeln wir sehr leicht Mitgefühl, wenn wir unser Einssein mit jemandem fühlen. Wenn wir das Leiden eines anderen Menschen als unser eigenes empfinden, wenn wir gewillt sind, uns als einen Teil im Leben des anderen zu sehen, dann kommen unser Mitleid, unser Mitgefühl, unsere Anteilnahme und andere göttliche Eigenschaften unmittelbar zum Vorschein.
Im allgemeinen ist mit dem sogenannten Mitgefühl, das ein Mensch für einen anderen empfindet, ein Gefühl von Getrenntsein und Unterlegenheit verbunden. Derjenige, der meint, Mitleid zu empfinden, fühlt sich überlegen; derjenige, der dieses Mitleid empfängt, fühlt sich unterlegen. Manche Menschen wollen uns das Gefühl geben, dass sie reiner und spirituell stärker sind als wir. Sie glauben, uns Mitgefühl zu schenken, doch in Wirklichkeit haben sie gar kein Mitgefühl.
Wahres Mitleid entspringt nicht einem Gefühl der Überlegenheit, sondern dem Gefühl des Einsseins. Wenn das Gefühl des Einsseins vorhanden ist, wird darin alles Göttliche, Inspirierende, Erleuchtende und Erfüllende ebenfalls anwesend sein. Wahres Mitleid oder Mitgefühl schließt all unsere guten Eigenschaften in sich ein: unser Wohlwollen, unsere selbstlose Hingabe, unsere Bereitschaft und Bereitwilligkeit, der Menschheit zu dienen. All diese Eigenschaften werden wir zum Vorschein bringen, wenn wir Einssein mit anderen Menschen fühlen.
Jüngere Geschwister
Sri Chinmoy: Zwischen Mitgefühl und Bedauern besteht ein großer Unterschied. Wenn wir jemanden bedauern, fühlen wir, dass er uns unterlegen ist. Wir sind vom anderen Tausende von Kilometern entfernt oder stehen Hunderte von Kilometern über ihm. Mit Mitgefühl jedoch gehen wir einfach auf den anderen zu und werden eins mit ihm. Als du sieben oder acht Jahre alt warst, hast du vieles falsch gemacht. Du hast Himalaya-hohe Dummheiten angestellt. Doch deine Eltern vergaben dir, weil du ein Kind warst. weiterlesen …