Geben und geben lassen

Ist Mitgefühl tatsächlich möglich?
Oft habe ich mir schon die Frage gestellt, ob Mitgefühl wirklich möglich ist. Und wenn ja, wie ich es am besten zum Ausdruck bringen könnte. Gerade vor wenigen Tagen bin ich in diesem Zusammenhang einigen Obdachlosen begegnet, die mich "um 20 Cents oder so" gebeten haben. Fühlte ich beim Geben irgendein stolzes Gefühl in mir? Und was würden die Obdachlosen denn mit meinem Geld anstellen? Sich Zigaretten oder Alkohol dafür kaufen? Dafür wollte ich eigentlich nicht verantwortlich sein.

Die rechte und die linke Hand.
Die meisten kennen sicherlich den Bibelspruch, dass "wenn du aber gibst, deine rechte Hand nicht wissen soll, was deine linke Hand tut". Oder anders ausgedrückt, wirkliches Geben niemals zur Schau gestellt werden darf, um alle Eitelkeiten und Regungen des menschlichen Stolzes außen vor zu lassen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch eine Verantwortung des Gebenden gegenüber dem Empfänger. Es sollte ihm dadurch kein Schaden zufügt werden und gleichzeitig auch keine einmalige Sache sein, sondern ihn dazu anregen, sein Leben positiv umzugestalten und in seine eigenen Hände zu nehmen. Als Beispiel fällt mir hier spontan Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen - Hilfe zur Selbsthilfe" ein.

Die Gretchenfrage.
Richtiges Geben ist also gar nicht so einfach. Wie kann ich wissen, ob mein Geben nicht eine subtile Form meines Egos ist? Und, darüber hinaus, wirklich Sinn macht oder vielleicht sogar kontraproduktiv ist? Aus diesem Grund lautet für mich die Gretchenfrage, aus welcher Motivation heraus mein Geben geschieht. Und da muss ich immer wieder sehr gewissenhaft in mich hineinhorchen.
Im Idealfall geschieht es wohl durch ein Gefühl der Verbundenheit und des Einsseins. Denn in Wirklichkeit gibt es ja, schenkt man den spirituellen Schriften dieser Welt Glauben, keinen Unterschied zwischen "Dir" und "Mir", zwischen "Euch" und "Uns". Alles ist in Realität eins. Wenn ich diese innere Untrennbarkeit mit den so genannten "Anderen", und sei es auch nur für einen flüchtigen Moment, wirklich fühlen kann, dann existiert eigentlich kein "Geben" im ursprünglichen Sinne des Wortes mehr. Ich gebe immer "nur" mir selbst, wobei ich die jeweilige Entscheidung meinem eigenen höchsten Dasein überlasse, welches alleinig diese Form der Verbundenheit wirklich spüren kann. Ich lasse also sozusagen geben, wodurch irgendwelche Fehler sowie alle subtilen Spielarten meines Egos mit Sicherheit ausgeschlossen sind.
Und somit hat eine schwierig erscheinende Fragestellung im spirituellen Leben manchmal eine überraschend einfache Antwort.

(Siehe auch Web-Log zur Selbst-Transzendenz von Mahamani)